KI ist derzeit in aller Munde, doch meiner Ansicht nach werden die Erwartungen an diese Technologie deutlich überschätzt. In der anfänglichen Euphorie haben viele Tech-Konzerne äußerst ambitionierte Versprechen gemacht und damit hohe Erwartungen geschürt, die sich nun (vorsichtig formuliert) nicht in vollem Umfang erfüllen lassen. Gleichzeitig wurden enorme Summen in Infrastruktur, Rechenzentren und Energieerzeugung investiert, sodass ein Zurückrudern kaum noch realistisch erscheint. Diese Investitionen müssen sich irgendwann amortisieren, weshalb der aktuell laufende „Hypetrain“ möglichst lange in Bewegung gehalten wird.

Gleichzeitig zeigen sich immer klarer die technischen und wirtschaftlichen Grenzen. Besonders für Entscheidungsträger ohne tiefes technisches Verständnis wird zunehmend sichtbar, dass die Hoffnung auf steigende Gewinnmargen durch den Ersatz menschlicher Arbeitskräfte mit KI nicht so einfach aufgeht.

Daher möchte ich an dieser Stelle meine persönliche und ausdrücklich subjektive Einschätzung teilen, basierend auf meinen Erfahrungen und den bisherigen Eindrücken, die ich in der Arbeit mit KI gesammelt habe.


1. Die großen Durchbrüche werden seltener bis kaum mehr auftreten

Die Modelle werden zwar weiter wachsen, aber ohne echte neue Prinzipien bedeutet das nur:

  • etwas weniger Halluzinationen
  • etwas bessere Instruktionsbefolgung
  • etwas längere Kontexte
  • etwas effizientere Hardware

Das sind keine fundamentalen Durchbrüche.

Echte Logikfähigkeit, echte Zuverlässigkeit, echtes Planen und echtes Verständnis erfordern andere Methoden als Transformer-Modelle. Und diese alternativen Forschungswege sind noch sehr früh.

2. Effizienz und Kosten werden zum Hauptthema

Momentan kostet eine große KI zu viel.
Die Rechenzentren laufen am Limit, die Strompreise steigen, die Modelle sind teuer im Unterhalt.

Daher kommen in den nächsten Jahren vor allem:

  • kleinere Spezialmodelle
  • effizientere Trainingsmethoden
  • Modelle, die weniger Kontext brauchen
  • lokale Modelle für Datenschutz und Kosteneinsparung

Große, gigantische Modelle sind für die Firmen ein Problem, keine Lösung.

3. Unternehmen werden anfangen, ihre überzogenen Erwartungen zu korrigieren

Viele Manager haben den Hype überbewertet.
Sobald sie merken, dass KI:

  • nicht automatisch Arbeitskräfte ersetzt
  • nicht zuverlässig genug für kritische Systeme ist
  • nicht ohne Experten funktionieren kann
  • teuer bleibt

werden die Erwartungen sinken und viele Projekte neu bewertet.

Es wird zu einem nüchternen Zustand kommen, in dem KI einfach ein Werkzeug ist.

4. Personalkürzungen werden sich rächen

Die Firmen, die heute massiv Personal abbauen, weil sie glauben KI könnte es ersetzen, werden in ein paar Jahren:

  • Kompetenzlücken haben
  • Qualitätseinbußen erleben
  • Mehrkosten durch Korrekturen tragen
  • feststellen, dass KI weniger erspart als gedacht

Es könnte dann ein Gegentrend entstehen, in dem Firmen wieder Fachkräfte suchen, die man kurz vorher entlassen hat.

5. Die Öffentlichkeit wird KI nicht automatisch annehmen

Der Widerstand wächst.
Viele Menschen wollen KI bewusst nicht benutzen.

Die nächsten Jahre bringen:

  • stärkere Regulierung
  • Verpflichtungen zu Transparenz
  • Wahlmöglichkeiten, KI abzuschalten
  • skeptischere Konsumenten
  • gesellschaftliche Debatten über Datenschutz und Urheberrechte

Damit wird KI weniger aufdringlich und weniger überall erzwungen.

6. Der Markt wird sich konsolidieren

Nicht alle KI-Firmen werden überleben.
Voraussichtlich wird es zu einer Phase kommen, in der:

  • ein Teil der Startups aufgekauft wird
  • einige Modelle eingestellt werden
  • Cloudanbieter ihre KI-Dienste neu strukturieren
  • die völlig überzogenen Wachstumsprognosen angepasst werden

Die Branche war in einer Goldgräberstimmung. Diese Phase neigt sich dem Ende zu.

7. KI bleibt ein gutes Werkzeug, aber kein Ersatz für kompetente Menschen

In Bereichen wie Softwareentwicklung, Wissenschaft, Medizin, Design oder Logistik wird KI in den kommenden Jahren:

  • Routineaufgaben beschleunigen
  • Assistenz leisten
  • Ideen liefern
  • Prototypen erzeugen

Aber sie wird niemals ohne Kontrolle auskommen und auch keine Senior-Engineers ersetzen.

Sie wird ein Werkzeug wie IDEs, Git oder Datenbanken.
Nützlich, aber nicht magisch.

8. Der wirkliche Fortschritt findet im Verborgenen statt

Nicht bei Riesenmodellen, sondern bei Dingen wie:

  • Agentensystemen für kleine, klar begrenzte Entscheidungen
  • Werkzeuge, die KI mit realen Daten verknüpfen
  • KI zur Qualitätsprüfung
  • KI zur Fehlererkennung
  • lokale Modelle, die Datenschutz garantieren

Dieser Fortschritt ist unspektakulär, aber nützlich. Er ist die Art von KI, die die nächsten Jahre prägen wird.

9. Fazit

Die nächsten drei bis fünf Jahre werden realistischer, nüchterner und stabiler als die Hypephase von 2023 bis 2024.

  • weniger Magie
  • mehr Vernunft
  • weniger AGI morgen
  • mehr Werkzeuge statt Visionen
  • mehr Kostenoptimierung statt Modellwachstum

KI bleibt, aber sie wird normaler, bodenständiger und weniger überhöht dargestellt werden.


Dies ist meine persönliche Einschätzung, die ich zugleich als eine Art Protokoll betrachte. Vielleicht entwickelt sich alles ganz anders – doch genau deshalb möchte ich in zwei bis fünf Jahren darauf zurückblicken können, um zu sehen, wie nah mein subjektiver Eindruck und meine Prognose an der Realität lagen.

Aktuell empfinde ich KI eher kritisch. Das liegt weniger an der Technologie selbst, sondern vielmehr an den Unternehmen und den Menschen, die sie vereinnahmen und steuern. Immer häufiger habe ich das Gefühl, dass Entscheidungen zugunsten einiger Weniger getroffen werden, während die Interessen der breiten Bevölkerung in den Hintergrund rücken. Technologischer Fortschritt ist grundsätzlich etwas Positives, doch er verlangt einen verantwortungsvollen Umgang.

Momentan sehe ich jedoch zu viele Akteure, bei denen Gier und kurzfristige Vorteile im Vordergrund stehen. Und genau das macht mir Sorgen.