Es gibt Manager, die strahlen dabei. Wirklich. Ihre Augen leuchten, wenn sie verkünden:
„Wir haben das Homeoffice abgeschafft.“
Manche schreiben es sogar stolz auf LinkedIn – zwischen Inspirationszitaten von Steve Jobs und Selfies aus dem Konfi mit Flipchart. Als hätte man gerade das Rad neu erfunden. Oder wenigstens das Büro.
Aber was steckt wirklich hinter diesem, nennen wir es ruhig beim Namen, Triumph der Präsenzkultur?
🛑 Kontrolle ist keine Führung
Für viele Führungskräfte bedeutet Homeoffice vor allem eines: Verlust von Kontrolle.
Man sieht die Leute nicht. Man hört sie nicht. Man weiß nicht, ob sie gerade arbeiten oder Wäsche aufhängen. Diese Unsicherheit kratzt am Selbstbild derer, die Führung mit Sichtbarkeit verwechseln. Für sie ist eine leere Etage kein Zeichen von effizientem Arbeiten sondern von Disziplinlosigkeit.
Wieder alle im Büro?
Wieder Kontrolle?
Wieder Chef.
🕰️ Vertrauen ist gut, Sichtkontakt ist besser
Homeoffice verlangt moderne Führung: klare Ziele, Eigenverantwortung, asynchrone Kommunikation. Doch wer in den letzten 20 Jahren gelernt hat, dass Anwesenheit = Leistung bedeutet, tut sich schwer mit diesem Paradigmenwechsel.
Statt zu fragen, was erreicht wird, zählt plötzlich wann jemand online war.
Oder besser noch: wann er die Bürotür durchschritten hat.
🌍 Globale Teams, lokale Kontrollillusion
Ein besonders absurdes Detail zeigt sich in großen Unternehmen:
Die Teams sind weltweit verteilt. Kollegen sitzen in Wien, Warschau, Mumbai, Atlanta oder Linz – und selbst im selben Gebäude wird oft über Microsoft Teams gesprochen, weil die Meetingräume zu klein oder zu weit weg sind.
Mit anderen Worten:
Selbst wenn alle im Büro sind, sitzen sie trotzdem alle vor dem Bildschirm und reden durch die Kamera.
Die Realität ist längst remote.
Nur die Führung versucht noch, sie in Präsenz zu pressen – als könne man durch Bürostühle Nähe erzeugen, die in der Struktur nie vorgesehen war.
Wer also denkt, durch Anwesenheit „Teamkultur“ zu fördern, während 70 % des Teams über Länder und Zeitzonen verstreut ist, betreibt keine Führung sondern Nostalgiepflege.
🧠 Innovation? Lieber erstmal zurück zum Status quo
Was bei der Rückkehr ins Büro gerne vergessen wird: Die Welt hat sich verändert. Viele Mitarbeiter haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sie im Homeoffice fokussierter, produktiver und schlicht zufriedener arbeiten können.
Doch statt diese Erkenntnisse zu nutzen, zieht man sich lieber zurück in eine Wohlfühlzone der Vergangenheit. Die alte Ordnung gibt Sicherheit. Wenn alle wieder am Platz sitzen, sieht das nach Arbeit aus… selbst wenn sie nicht passiert.
Es ist ein bisschen wie ein Museum für alte Führungsstile.
Man geht durch die Gänge, nickt sich zu und fühlt sich wichtig.
Wie damals 1997.
💼 Was wirklich verloren geht
Natürlich hat Homeoffice Herausforderungen. Es braucht neue Formen der Zusammenarbeit, bessere Tools, mehr Kommunikation. Aber es bietet auch riesige Chancen für Produktivität, Vereinbarkeit, Zufriedenheit und nicht zuletzt für Vertrauen.
Wer das alles über Bord wirft, nur weil das Büro leer war, hat Führung nie verstanden.
Man hat dann nicht das Homeoffice abgeschafft…
man hat moderne Arbeitskultur verhindert.
🧩 Fazit
Stolz auf die Abschaffung des Homeoffice zu sein, ist wie stolz darauf zu sein, wieder mit dem Fax zu arbeiten. Es zeugt von einem Führungsverständnis, das in einer Welt zurückgeblieben ist, die es so nicht mehr gibt.
Die Zukunft gehört denen, die lernen, Führung ohne Kontrolle zu leben.
Die nicht Raumzeit überwachen, sondern Vertrauen ermöglichen.
Und die verstehen, dass Menschen nicht produktiver sind, wenn man sie in ein Großraumbüro pfercht sondern wenn man ihnen Raum gibt.
Raum für Ergebnisse, nicht für Anwesenheit.
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