Es ist ja schön das sich nun einige Leute dazu berufen fühlen einigen Kernkraftwerken auf den Zahn zu fühlen, pervers finde ich jedoch den Zeitpunkt. Sowohl Pro- als auch Contra-Seite tragen die Debatte im Licht des Populismus aus, obwohl jetzt ganz andere Dinge das Thema sein sollten. Anstatt sich den Kopf zu zerbrechen wie man dem japanischen Volk helfen kann bricht hier eine Grundsatzdebatte vom Zaun über das Pro und Contra von Atomstrom.
Wie kann man in solchen Momenten das Leid der japaner nur auf solche ekelhafte Weise instrumentalisieren ? Menschen versammeln sich und halten Mahnwache – sehr schön, damit ist den Notleidenden mal so richtig geholfen. Dann wird gegen AKWs demonstriert, ich denke das sowas auch noch in ein paar Wochen Zeit hat. Politiker fühlen sich jetzt genötigt auf die Kanzlerin ein zuhämmern und ihr Pro-Atom in Frage zu stellen, in der Hoffnung mit einer breiten Maße im Rücken die Situation zu seinem Vorteil ausnutzen zu können.
Kann man nicht soviel Respekt vor dem Leid haben, kann man seinen Egoismus nicht auf ein gesundes Maß zurück schrauben und momentan mehr an Leute denken, die wirklich wirklich richtig viel Hilfe brauchen ? Muß man die Katastrophe in Japan (Fukushima) wirklich gleich als Anlaß nehmen emotional und politisch völlig durch zu drehen ? Allein das ein Großteil der deutschen den Bestand an Jodtabletten und Geigerzählern auf ein Minimum reduziert gibt mir zu denken. Ist das Volk wirklich so benebelt und dumm ? Ein Spielball der öffentlichen Medien und unseriösen Berichterstattung ?!
Wir sind extrem weit weg, selbst wenn alle Reaktoren hochgehen kriegen wir von der Gefahr so gut wie Null mit. Aber hey, Jodtabletten und Geigerzähler… jawoll – da kann ich die Ausländer nachvollziehen die uns schon „German Angst“ nennen. Besonnenheit, Vernunft, Sachlichkeit und Hilfe ist jetzt das Zauberwort, die Diskussion über AKWs und grünen Strom können wir erstmal vertagen. Natürlich hat dieser (Super)Gau in Fukushima auch politische, wirtschaftliche und technologische Konsequenzen, aber nicht jetzt!
Und nein, ich bin kein Pro-Atom, ich bin aber rational genug das es momentan nicht anders geht. Natürlich sollen Kernkraftwerke mit Problemen vom Netz, am besten alle die älter als 30 Jahre sind. Natürlich bin ich für Solar- und Windenergie (erneuerbare unbedenkliche Energien allgemein), aber man muss das auch im Gesamtkontext sehen. Wenn wir ganz Deutschland Atomfrei machen, was ist dann ? Sind wir dann sicher ? Nein, Frankreich bezieht 80% seines Stroms aus Kernkraftwerken, wenn da was hochgeht stehen wir schön mit in der radioaktiven Pfütze, denn wir haben meistens Westwind von Frankreich aus. Polen, Tschechien etc. sind auch nicht AKW-Frei, aber man könnte einen Anfang machen. Derzeitig wird eh nur um die 20% der Gesamtenergie von AKWs erzeugt (erzeugen wäre vielleicht physikalisch nicht ganz korrekt, aber im allgemeinen Sprachgebrauch…).
Ja, man sollte Meiler die nicht die Sicherheitsstandarts erfüllen abschalten, ja man sollte sich nach anderen, ungefährlicheren Technologien der Energiegewinnung umsehen, man sollte Japan auch als Mahnung an die Atomenergie verstehen, aber man sollte dabei auch einen ruhigen Kopf bewahren und sich nicht von den Medien verrückt machen lassen.
Selbst wenn alle mitmachen ? Was ist mit den geräuschen von Windgeneratoren, wo sich Anwohner beschweren das sie zu laut wären ? Was ist mit der Solarfarm in Sachsen-Anhalt wo sich Anwohner sträubten, die Solaranlagen würden blenden und abstrahlen ? Was ist mit den Windgeneratoren in der Nordsee, wo Naturschützer aufschreien, es würde geschützte Vogelarten gefährden ? Jeder will es sauber und grün, aber nur wenige sind bereit diesbezüglich einbußen hinzunehmen. Man muß bei allen Möglichkeiten auch immer die daraus resultierenden Konsequenzen berücksichtigen. Die Konsequenz aus Japan ? Mehr Geld in die Erforschung erneuerbarer Technologien stecken, denn wie man sieht, hat die ganze Welt extremen Bedarf an Strom. Er muß nur günstig sein…
Über all diese Probleme, Pro und Contras, sollte man sich nicht unbedingt drüber unterhalten, während auf der anderen Seite der Welt ein ganzes Volk um seine Existenz bangt.
18. März 2011 um 08:35 Uhr
Es ist sehr beschämend das die Deutschen die „Gunst“ der Stunde ergreifen um ihre politischen Feldzüge durchzuziehen, jetzt wo das Volk so schön aufgebracht ist und die Emotionen überkochen, lohnt es sich die geballte Kraft gegen die Atomindustrie einzusetzen.
Wenn die Deutschen mit den Hilfsangeboten an Japan man auch so resolut wären… eine egoistische Gesellschaft.
18. März 2011 um 08:46 Uhr
Da stimme ich die zu, es ist nicht nur egoisitsch, sondern auch heuchlerisch, plötzlich sehen alle die Probleme. Ja endlich handeln etc. warum nicht schon längst ? Warum braucht man erst eine Katastrophe… und nun geht es allen nicht schnell genug. Mal schauen wie schnell diese Emotionen wieder weg sind, wenn das TV zum Alltag übergeht und man an Japan nur noch vernebelt denkt.
An Tschernobyl dachte vor der Katastrophe auch kaum jemand, plötzlich wieder brandaktuell…