15 Jahre ist es ca. her, da kaufte ich mir von meinem ersten richtigen Gehalt als Systemadministrator ein Pentium 4 Rechner, aber nicht irgendeiner, nein das Beste vom Besten damals. Stolz kaufte ich mir damals einen Dell Dimension 8200, das Ganze ist nun 15 Jahre her. Ich hab den Burschen immer noch, ist mir irgendwie ans Herz gewachsen, vielleicht auch falsch projizierte Jugendliebe oder einfach die wehmütige Erinnerung an damals.

Das gute Stück hat in der Zwischenzeit 3 Umzüge mitgemacht und wurde vor 6 Jahren das letzte Mal aktiv genutzt. Damals ging mir dann mein DVD-Rom zeitgleich mit meiner Festplatte kaputt, so war sein Ableben besiegelt. Damals konnte man noch die Welt mit 1 GB Ram und einem Single Core Prozessor mit 2 GhZ erobern. Das war sogar schon Highend, die gängigen Rechner hatten damals gerade mal 64-128 MB Ram, ein Gigabyte Ram war schon extremer Luxus, das wäre so als ob ich heute einen Rechner mit 128 GB Ram kaufen würde.

Die mitgebrachte Festplatte fasste 40 GB, das war für W98 mehr als okay, für Windows XP ausreichend. Später gesellte sich eine 160er dazu, die es leider nicht mehr bis 2016 geschafft hat. Warum ich diesen alten Dinosaurier ausgepackt habe? Ich bin durch Zufall an ein IDE-DVD-Rom billig rangekommen, da dachte ich ach mal schauen was mit dem alten Ding noch los ist.

Computer im schlechten Zustand

Wie man hier sieht haben die letzten 6 Jahre wirklich sehr an ihm genagt, neben Staub hat sich auch etwas Feuchtigkeit an ihm zu schaffen gemacht, den Rost müsste man mit der Drahtbürste entfernen, ich erwartete nichts Gutes. Von außen war er wirklich schon arrg ramponiert, ich erinnere mich noch das irgendwann mal ein Plastikteil abgebrochen war und der deshalb nicht mehr richtig zu ging.

Er sah einfach absolut schlecht aus. Der allgemeine Zustand machte den Eindruck als ob er schon versuchte sich selbst zu zerlegen, ich wäre nicht überrascht wenn sich an dem Ding garnichts mehr tut.

Der Computer muss dringend von Innen gereinigt werden

Zu allererst galt es eine Grundreinigung zu machen, von Außen und Innen Staub saugen und den groben Schmutz entfernen, danach die Kabel und Steckverbindungen prüfen und das alte DVD-Rom ausbauen und das neue (wieder schwarze) einbauen damit wir wieder in der Lage sind ein Betriebssystem zu installieren, denn das gute Stück versteht es leider noch nicht von USB zu booten und kann auch nur USB 1.0.

Feuchtigkeit setzt den Metallelementen zu

Nachdem nun endlich innen alles Schmutzfrei ist, sieht man nun das ganze Ausmaß der schlechten Lagerung. Es sieht so aus als ob sich der Schmutz ins Gehäuse frisst, besonders die Metallelemente sind sehr mitgenommen. Das würde man jetzt nur noch mit der Drahtbürste einigermaßen hinbekommen.

Was mir beim Saubermachen des Computers besonders auffiel war das enorme Gewicht. Wenn man die Computer von Heute dagegen wiegt -> der Dimension 8200 ist ein Koloss. Überhaupt mutet alles an dem Rechner an wie vor 20 Jahren (naja, 5 Jahre fehlen ja nur noch). Man hat etwas das Gefühl ein altes russisches U-Boot oder eine Raumsonde zu entdecken. Da kann man noch richtig anfassen und hat nicht solche extreme Miniaturisierung wie heute. Etwas finde ich es schade das ich meinen aller ersten PC, einen 486er DX2/40 nicht mehr habe.

Alte Soundblaster Live Value

Als nun das Laufwerk verbaut war, die Reinigung im groben beendet (ich will ja auch erstmal wissen ob er überhaupt noch läuft, begann ich eine Bestandaufnahme meiner Computer Bauteile. Was hatte ich noch alles für das gute alte Stück zur Verfügung. Ich hatte tatsächlich noch die alte Soundblaster Live gefunden, die Grafikkarte eine Geforce 7600 GT steckte auch noch.

Was ich jedoch nicht fand, war eine Netzwerkkarte, er hatte noch kein Onboard Ethernet, also klaute ich mir von meiner SoC-Bastelecke ein USB-Wlan Modul sowie eine USB-PCI Steckkarte und das sollte es erstmal gewesen sein. Wacklig alles… startet er noch? Finde ich noch Treiber? Welches OS?

Bootet der Rechner nach 15 Jahren noch?

Jawoll… er bootet noch, anstandslos und sogar leiser als gedacht. Ich muss sagen ich war anfangs auch etwas skeptisch ob ich ihn überhaupt nochmal anmachen soll, schließlich hätte es auch einen kurzen geben können und er raucht mir ab, aber nein, noch steckt Leben in ihm. Doch was passierte nach dem Booten? Ich hatte noch ein Problem im Hinterkopf von damals und da war es auch schon, der Rechner brauchte selbst für seine Verhältnisse ewig um das OS zu starten und ich vernahm ein merkwürdiges rhythmisches Klacken. Stimmt, eine Festplatte war kaputt und die Leseköpfe knallten auf die Magnetscheibe.

Alte Samsungfestplatte 160 GB

Ich hoffte ja inständig das es die kleine 40 GB Festplatte war die kaputt ist, war ja schließlich die damalige Auslieferungsfestplatte, doch hier schlag Murphys Gesetz zu, es war natürlich die 160 GB HDD. Nachdem ich die Festplatte ausgebaut hatte und den Computer erneut startete ging alles bedeutend schneller, nun musste ich ein neues OS finden, WinXP hatte ich zuletzt versucht zu installieren, was aber wegen des kaputten DVD-Rom Laufwerks nicht korrekt möglich war.

Frisches Ubuntu 16.04 LTS i386

Da Linux ja eigentlich recht sparsam ist, dachte ich, ein frisches Ubuntu 16.04 LTS 32 Bit wird schon funktionieren, kann man nichts falsch machen. Doch kann man, selbst ein Ubuntu überfordert einen Pentium 4. Vor allem wenn man recht nebensächlich mal eben Laufwerksverschlüsselung und LVM mit anlässt. Aber selbst nach Neuinstallation ohne den „Schnickschnack“ fühlt sich alles sehr sehr beschwerlich an. Einmal Firefox an (ca. 12 Sekunden), danach Youtube aufgemacht (Seite braucht ca. 10-12 Sekunden bis zum vollständigen Aufbau). Auf Youtube irgend ein Random Video angeklickt und 480p eingestellt. Auweia… das Video läuft wirklich richtig rucklig, teilweise kommt es zu Ausetzern und einer Bildrate von ~5 Bildern pro Sekunde.

Okay dachte ich, Ubuntu 16.04 ist wirklich neu, versuchen wir es mit 12.04, aber dort sagte mir Youtube das der alte Firefox nicht unterstützt wird und nach update hatte ich dort den gleichen Spaß.

 

Nun schraubte ich meine Ansprüche runter und versuchte eine recht sparsame Dristribution die extra für alte betagte Rechner empfohlen wird. AntiX Linux – weia, das ist ein Augenkrebs, die Templates sind eine Mischung aus Win98 und einer wilden Flut an unpassenden Farbverläufen. Aber okay dachte ich, ein Theme mach ich mir noch selber, schauen wir ins Netz. Läuft Chrome? Nein, gibt es nicht, gibt nur einen 0815 Browser, der zwar flinker ist, aber Youtube und Gmail kann ich damit abschreiben.

Ich gab nun Linux Mint 17.3 Mate eine Chance. Ich empfand es leicht schneller als Ubuntu, aber sobald ich Chrome oder FF für Youtube aufrufe, habe ich ebenso starke Performanceprobleme. Und das sind wirklich Probleme, ich rede nicht von leichtem Ruckeln und Meckern auf höchstem Niveau, der P4 schafft Youtube einfach nicht mehr, maximal 480p und selbst dies läuft nicht flüssig. Also was bleibt noch? Ein Lubuntu? Eben runtergeladen als Minimal Iso, da ich nur noch CD-Rohlinge hatte. Gebrannt und ausprobiert…. Tja Pech, die Minimal CD findet meinen Wlan-Stick nicht und kann so die Installation nicht durchführen.

Ubuntu frisst nur mit FF und Whatsapp 66 %

Ubuntu lieft nur mit dem FF und Whatsapp schon ständig zwischen 50-60 % CPU Auslastung. FF und der Fenstermanager klauten sich ständig gegenseitig Ressourcen.

Nun machte ich mir den Spaß und kramte das Original OS raus, Windows 2000. Da bekam ich auf anhieb alles zum laufen, Sound, Grafik USB-Pci Steckkarte etc. Jedoch machte nun der WLAN-Stick Probleme, es gelang mir auch mit Service Pack 4 nicht eine Wireless Connection zu meinem Router aufzubauen. Normal sollte unter den Eigenschaften vom Netzwerkadapter die Konfiguration für die SSID zu finden sein. Aber leider nicht.

Nach 2 Stunden wildem Treibertests gab ich dann auf. Ich holte mein Windows 7 Ultimate aus dem Schrank und gab diesem einen Versuch. Ganz ganz schnell vergessen :) P4 und Windows 7 reicht für nix, man bekommt den Chrome zwar zum laufen aber an YT beisst der P4 sich die Zähne aus. Selbst Whatsapp-Web ruckelt arrg und die Tastatur zieht nach.

Letzten Endes kramte ich dann Windows XP raus, nun versetzen wir ihn wieder in seinen alten Arbeitszustand, der Pentium bekommt sein Windows XP-Kleid zurück.

Nun konnte man zumindest einigermaßen arbeiten. Ich hatte lediglich Probleme den Treiber für die alte Soundblaster Live zum Laufen zu bekommen, nach ca. 30 minütiger Fummelei war das dann auch erledigt und ich konnte zum angenehmen Teil kommen. Software testen, auch hier installierte ich Youtube und teste Videos. Youtube ruckelte auch hier, aber lief von allen Betriebssystemen noch am flüssigsten.

Alte Spiele auf P4 Windows XP

Ich installierte einen alten Command & Conquer Teil (Tiberian Sun) und freute mich auf meine Einsatzbefehle als NOD-Commander, ich muss sagen da lief alles rund, das Spiel lief flüssig (warum auch nicht, ist der Rechner ja hier das erste mal etwas unterfordert).

Pentium 4 162 Watt beim Benchmark

Doch nun zu einem Thema das ich noch gar nicht bedacht habe, was verbraucht das gute Stück denn an Strom? Hier fällt mir der Vergleich von vorhin mit dem U-Boot ein, der Pentium 4 frisst wirklich unglaublich viel Strom. Selbst wenn er quasi im Leerlauf ist, frisch gebootet und nur den Desktop anzeigt hängt er bei ca. 92 Watt (Volllast durch Benchmark 164 Watt). Hier ist spätestens der Punkt erreicht wo man sich ganz klar gegen einen Produktiveinsatz ausspricht. Dafür das er nicht einmal Youtube normal abspielen kann schluckt er Strom wie ~40 Raspberry Pis. Zum Vergleich, mein Laptop zieht gerade mal ~25 Watt (Volllast durch Benchmark ~60Watt) und schafft das 7 fache an Leistung.

Ich hatte gedacht ihn vielleicht als Server einzusetzen oder irgendwas anderes Nettes mit ihm zu machen, ihm wieder einen kleinen Nutzen für das Gnadenbrot zu geben, aber seine Zeit ist einfach mehr als vorbei. Allein der Stromverbrauch rechtfertig sein entgültiges Ende, mir fällt einfach nichts ein wo ein SoC oder ein extrem billiger Atomrechner ihm nicht in allen Bereichen (vor allem im Stromverbrauch) das Wasser abgräbt.

Ich habe soviele Videos auf Youtube gesehen mit Leuten die sagen das der P4 nicht Tod ist und man noch was mit ihm anstellen kann -> klar kann man das, wenn man eine eigene Solaranlage hat und einem Strom egal ist, aber die meisten machen sich etwas vor. Ein Pentium 4 ist einfach ein extremer Stromfresser und seine Einsatzgebiete sind im heutigen Web auch extrem begrenzt.

Der Dimension 8200 nach Reinigung

Mein Pentium 4 nach einer grundlegenden Reinigung des Innenlebens.

Das Einzige, was ich mir Vorstellen könnte, und womit ich ihn erstmal zur Seite stelle, ist ihn als Retrogaming PC zu nutzen. Für alle Games zwischen 1999 bis 2006. Das packt er und ist mit Windows XP zu stemmen. Da klicke ich mir dann auch alte Hardware dran, alte PS2 Tastatur und wenn ich irgendwo noch ne Röhre finde, von mir aus auch die. Aber selbst das ist etwas Augenwischerei, weil das kann mein I7 mit Virtualisierung, 16 GB Ram und SSD 100x besser und schneller. Da ist es amüsanter nochmal durch die alten Systeme per Mausklick zu fliegen und dabei noch einen ökonomischen Stromverbrauch zu haben.

Good Bye Dimension 8200

Good bye my friend

Deshalb… R.I.P. Pentium 4 – wir hatten eine tolle Zeit zusammen, ich hatte Ihn ca. 9 Jahre im Produktiveinsatz, damals war noch alles problemlos möglich, aber die Technik und vor allem die Browser haben sich so extrem weiter entwickelt das ein P4 die Ressourcen einfach nicht bieten kann. In den Müll werde ich ihn aber dennoch nicht schmeißen, ich denke er wird sicher noch weitere 10 Jahre bei mir fristen und dann schon als cool und retro gelten, so als ob ich heute einen C64 oder Amiga hervorkrame. Machs gut P4, wir hatte neine tolle Zeit, du hast dir jetzt deine Rente verdient.